Evakuiert in 90 Sekunden

Evakuiert in 90 Sekunden

TOKIO taz | Die Ermittlungen nach der Kollision zweier Flugzeuge auf dem Großflughafen Haneda in Tokio konzentrieren sich auf den Funkverkehr zwischen Fluglotsen und Piloten. Am Dienstagabend Ortszeit kollidierte ein Airbus A350 der Japan Airlines (JAL) kurz nach der Landung auf der Landebahn mit einem Propellerflugzeug der Küstenwache vom Typ Bombardier. Letzteres beförderte Hilfsgüter für die Erdbebenopfer in Westjapan.

Obwohl beide Flugzeuge in Brand gerieten, konnten sich alle 379 Insassen aus dem Airbus retten, wobei nur 14 Passagiere leichte Verletzungen erlitten. Der Pilot der Küstenwache überlebte mit schweren Verbrennungen, jedoch kamen seine fünf Besatzungsmitglieder ums Leben.

Am Mittwoch konnte das japanische Amt für Verkehrssicherheit zunächst erfolgreich den Flugschreiber und den Stimmenrecorder aus den verkohlten Überresten der Bombardier-Maschine bergen. Die Bergung am JAL-Airbus gestaltete sich schwieriger, da der Rumpf samt der Pilotenkanzel vollständig ausgebrannt war.

Die Polizei führt Ermittlungen wegen Fahrlässigkeit im Amt durch. Laut Japan Airlines haben ihre Piloten bestätigt, dass sie vom Tower die Erlaubnis zur Landung erhalten hatten. Ein Mitschnitt des Funkverkehrs mit der JAL-Maschine – „Japan 516, setzen Sie Ihren Anflug fort“ – schien diese Aussage zu bestätigen. Berichten zufolge hatte die kleine Transportmaschine jedoch keine Genehmigung, auf die Start- und Landebahn zu fahren. Der Pilot soll jedoch nach dem Unglück das Gegenteil behauptet haben.

Die 379 Insassen des Airbus verdanken ihr Überleben einer vorbildlichen Evakuierung. Obwohl moderne Flugzeuge nachweisen müssen, dass eine vollständige Evakuierung über die Hälfte der Notausgänge in 90 Sekunden möglich ist, sah sich die JAL-Besatzung mit widrigen Umständen konfrontiert.

Aufgrund des weggebrochenen Bugrads kippte das Flugzeug nach vorne. Der brennende Treibstoff auf der Außenhaut des Rumpfes führte zu Rauchentwicklung, und die Temperatur in der Kabine stieg. Ein Passagier beschrieb die Situation als „wie in der Sauna“. Die Sprechanlage funktionierte nicht mehr. Die Stewardessen forderten die Passagiere über Megaphone und laute Rufe auf, ruhig zu bleiben und Mund sowie Nase zu bedecken.

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